Derzeit sind verschiedene Szenarien möglich, die von einem sog. „harten Brexit“ über ein Freihandelsabkommen bis zu einem Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) reichen.
Harter Brexit meint dabei, dass zwischen der EU und Großbritannien keine Einigung über eine Übergangs- oder Anschlusslösung erzielt wird. Demnach scheidet Großbritannien aus der Zollunion aus und wird für die EU ein Drittland. Aufgrund der sog. Meistbegünstigungsklausel sind alle Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO verpflichtet, alle handelspolitischen Vergünstigungen und Zollvorteile, die gegen über einem Staat eingeräumt werden, anderen Staaten, mit denen die Meistbegünstigung vereinbart ist, diese Begünstigungen ebenfalls zu gewähren. Das bedeutet, gewährt Land A dem Partnerland B bestimmte Vergünstigen wie z.B. Zollermäßigungen, so muss diese Vergünstigung auch Land C gewährt werden. Da aber Zollunionen ausdrücklich von der Verpflichtung zur Meistbegünstigung ausgenommen sind, wird Großbritannien hiervon nicht profitieren. Bei einem harten Brexit müssen Zollförmlichkeiten erfüllt und Einfuhrzölle beim Warenimport gezahlt werden.
Auch im Falle eines sofortigen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Großbritannien, welches zu zahlende Zölle reduziert oder völlig wegfallen lässt, bleiben administrative Tätigkeiten, die vorher nicht erforderlich waren. Darüber hinaus strebt die EU nur noch die sog. neue Generation von Freihandelsabkommen an, die breit und umfassend angelegt sind. Die Abkommen betreffen nicht nur tarifäre Fragen, wie z.B. eine Zollfreiheit für Ursprungswaren, sondern enthalten auch Regelungen zu Dienstleistungen, zum Abbau nicht tarifärer Handelshemmnisse (z.B. Einfuhrgenehmigungen, Lizenzen) und anderen handelsrechtlichen Aspekten wie Investitionen und Wettbewerbsfragen.
Selbiges gilt auch für einen Beitritt Großbritanniens zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR. Dieses Szenario dürfte aber als eher unwahrscheinlich gelten, da der EWR eine Freihandelszone zwischen der EU und den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA – Norwegen, Island, Liechtenstein) darstellt, die neben gegenseitigen Präferenzgewährungen auch bestimmte Anpassungen der EFTA-Staaten an EU-Recht vorsieht. So haben sich die EFTA-Staaten unter anderem verpflichtet, die vier Grundfreiheiten des Einheitlichen Binnenmarktes, nämlich freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie Wettbewerbsregeln der EU in innerstaatliches Recht zu übernehmen. Das dürfte nicht im Interesse der Brexit-Befürworter sein.
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